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26.4 hrs on record (23.9 hrs at review time)
Geheimtipp für Fans von Shootern der 90er – aber auch nur für die
Wäre Chasm: The Rift 2022 erstmalig für 10 bis 15 Euro erschienen, der geneigte Fan von Retro-Shootern hätte das Ganze dankend mit einem gutmütigen Kopfnicken angenommen. Doch der Titel erschien gegen Ende 1997 zum Vollpreis – und in den 90ern geschah technischer Fortschritt in Videospielen gefühlt täglich. Was 1995 vielleicht noch der ganz heiße Scheiß gewesen wäre, war zwei Jahre später möglicherweise schon wieder hoffnungslos veraltet. Mit ein Grund, warum Chasm: The Rift unter seiner Konkurrenz ziemlich unterging und maximal mittelmäßige Wertungen einfahren konnte. Lediglich beim Setting ging man mit einer Zeitreise-Thematik neue Wege im Genre – ganze 3 Jahre vor John Romero mit Daikatana.

So baut Chasm: The Rift auf einer technischen Eigenentwicklung des ukrainischen Studios Action Forms (auch bekannt für die Carnivores-Reihe und den Geheimtipp Cryostasis) auf. Gegner und einige andere Objekte sind hier zwar bereits (ordentlich animierte) 3D-Modelle, wie Doom und Duke Nukem 3D setzt das Environment aber noch auf 2D-Grafiken in Verbindung mit Raycasting, was nur eine sehr eingeschränkte Level-Architektur erlaubt. Vertikalität, geschweige denn Raum-über-Raum-Konstruktionen gibt es nicht, sämtliche Levels spielen sich auf einer einzigen Ebene ab, auf denen Treppen mit drei Stufen schon das höchste der Gefühle sind. Somit befindet sich Chasm: The Rift zumindest in diesem wesentlichen Punkt grob auf einem ähnlichen Stand wie ein 5 Jahre altes Wolfenstein 3D. Selbst andere Titel von 1997 wie Blood, Redneck Rampage und Shadow Warrior, deren Technik-Gerüst ähnlichen Limitierungen unterliegt, lieferten allesamt größere, komplexere und detailverliebtere Levels und gaukelten dem Spieler mit Hilfe diverser Tricks der Environment Artists mehr Vertikalität vor, als tatsächlich da war.

Heute kann es dem geneigten Retro-Fan natürlich relativ egal sein, ob ein Titel der 90er im damaligen, zeitlichen Kontext zwei Jahre zu spät erschien, um technisch relevant zu sein. Was ihm nicht egal sein braucht sind solides Gameplay gegen abwechslungsreiche Gegner, von denen sich sogar gezielt bestimmte Körperteile abschießen lassen. Das ist nicht nur Selbstzweck, sondern gerade auf dem höchsten der drei Schwierigkeitsgrade (der stellenweise ganz bewusst ziemlich gemeine Situationen einbaut) taktisch relevant – ein Soldat ohne rechten Arm, an dem er sein Gewehr getragen hat, ist schließlich nicht mal mehr halb so gefährlich. Das Gunplay mit den insgesamt 8 verschiedenen Waffen ist dabei durchaus solide, aber auch nicht mehr. Abwechslung kommt nicht zuletzt durch die vier verschiedenen Episoden mit jeweils vier Levels sowie einem Boss auf, die jeweils eine Zeitepoche repräsentieren: Gestartet wird in der Gegenwart auf verschiedenen Abschnitten einer Militärbasis. Danach geht’s über das alte Ägypten ins Mittelalter und schließlich in die Zukunft.

Das größte Manko aber: Selbst zusammen mit dem hier integrierten, drei Level umfassenden Addon werden die allerwenigsten Spieler für einen Durchgang auf mehr als 4 Stunden kommen – und das ist schon großzügig gerechnet. Auch hier war Chasm: The Rift seinerzeit absolut nicht konkurrenzfähig.

Immerhin kann sich der Re-Release als Quasi-Remaster aber durchaus sehen lassen. Nicht nur, dass heutzutage selbstverständliche Optionen wie DX11/12 und Vulkan, Antialiasing, VSync, ein FoV-Slider, Auflösungen bis zu 4K (gegenüber früher maximal 640x480) sowie eine Framerate bis immerhin 60 mit an Bord sind, auch an Licht- und Schattengebung sowie Effekt- und Ambient-Sound wurde noch mal geschraubt. In der Summe kommt Chasm: The Rift heute dabei sogar düsterer daher als das Original, im ein oder anderen Level vielleicht etwas zu düster, so dass man sich ggf. über den Gamma-Regler selbst helfen muss. Die Original-Version befindet sich übrigens (zum Starten überredet von DOSBox) mit im Paket. Im direkten Vergleich kann man sich dann selbst überzeugen, dass sich hier optisch doch einiges getan hat. Nur die bei einigen Elementen des Environments etwas zu groß geratenen Hitboxen können schon mal auf die Nerven gehen.

Zu meinem vollständigen Playthrough auf Youtube

FAZIT
Auch wenn sich auf den ersten Blick viel Negatives an Chasm: The Rift finden lässt und ein Titel, der auch mit »Spalte: Der Spalt« übersetzt werden kann, eigentlich nicht allzu vielversprechend klingt, weiß der Shooter über seine sehr kurze Spielzeit trotz allem bei entsprechenden Vorlieben zu überzeugen, viel Charme zu versprühen und ist als »erster First-Person-Shooter aus der Ukraine«, der sich Ende der 90er mit den Größen des Genres anlegen wollte auch ein kleines Stück kurioser Videospiel-Geschichte. Fans der Ära werden hier absolut solide unterhalten – aber auch nicht mehr. Alle anderen Shooter-Liebhaber hingegen sollten sich den Kauf zweimal überlegen, auch in Anbetracht des etwas hoch gegriffenen Preises von 20 Euro.

6.5 / 10

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                                                    Skid's FPS Corner
Posted 13 October, 2022. Last edited 17 October, 2022.
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12.8 hrs on record (2.1 hrs at review time)
Der »richtige« Nachfolger von Heretic
In diesem Fantasy-Retro-Shooter schlüpft man in die Kutte eines Necromancers, der die Welt der Menschen von Dämonen und anderem Gezücht befreien will, die aus unerklärlichen Gründen in sie einfallen. Hands of Necromancy schnappt sich dabei jeweils die besten Elemente aus den beiden Klassikern Heretic sowie HeXen und strickt mit Hilfe des Doom-Source-Ports GZDoom damit einen spirituellen Nachfolger: Von Heretic kommt zum einen der größere Action-Fokus mitsamt schnellerem Movement, sowie die größeren und abwechslungsreicheren Levels – natürlich mit den diversen Vorzügen von GZDoom, welche die original idTech1-Engine damals noch nicht liefern konnte.

Von HeXen kommen zum anderen vor allem die Hub-Welten (nur in deutlich größer), von denen aus man wiederum in andere Levels reißt, inklusive Backtracking – allerdings deutlich besser und angenehmer umgesetzt. Garniert wird das Ganze mit dem Pickup-/Inventar-System der beiden Vorbilder und einer kleinen Prise Metroidvania, vor allem in Verbindung mit der Fähigkeit, sich nach und nach in verschiedene Kreaturen zu verwandeln. Obendrein gelingt es dem Spiel, ein Gefühl von Abenteuer zu wecken. Wenn man über etwas meckern möchte: Die Angriffe könnten noch ein wenig mehr »Wumms« vertragen.

Befürchten, dass man vor lauter Backtracking den Überblick verliert, braucht man aber nicht. Zum einen hält sich dieses in Grenzen, zum anderen verrät einem ein Journal an entsprechenden Stellen automatisch, welchen Gegenstand man in welchem Level finden kann und in welchem man ihn einsetzen muss. Obendrein bleiben die Level in dem Zustand, in dem man sie verlassen hat und kann zudem Abkürzungen freischalten. Die Entwickler beweisen hier ein gutes Händchen dafür, das System so umzusetzen, dass es zwar kein Selbstläufer aber auch kein Nerv-Faktor ist. Ein gewisses Maß an Orientierungssinn sollte man natürlich trotzdem mitbringen; wie in den meisten Retro-FPS und Klassikern der 90er sind die Level, wie eine Farm, Burgen und verlassene Dörfer, alles andere als Schläuche.

Das Spiel liefert insgesamt drei Episoden mit 21 Levels, im ersten Durchgang wird man dafür ca. 10 Stunden brauchen. Wer genau weiß, was zu tun ist, schaffts natürlich deutlich schneller. Gespielt werden kann in drei verschiedenen Schwierigkeitsgraden, der mittlere ist kein Spaziergang im Park, aber gut machbar.

FAZIT
Wer sich über 25 Jahre nach einem »waschechten« Nachfolger von Heretic und HeXen (ungeachtet von Heretic 2 und HeXen 2) gesehnt hat: Das Warten hat ein Ende. Hands of Necromancy pickt sich aus beiden Spielen das Beste raus und liefert einen der gelungensten Retro-Shooter des Jahres ab.

Übrigens: Wer noch nach was ähnlichem sucht, mit etwas mehr Low-Fantasy und Nahkampf, sollte sich auch unbedingt mal Arthurian Legends vom letzten Jahr ansehen!

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                                                    Skid's FPS Corner
Posted 20 June, 2022. Last edited 21 June, 2022.
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9.5 hrs on record (4.5 hrs at review time)
Qualitativ und spielerisch Top, quantitativ bescheiden
Shadow Warrior von 2013 hatte noch einen recht bodenständigen Ansatz und lieferte oldschoolige Action ähnlich Flying Wild Hogs Erstlingswerk Hard Reset mit stärkerer Nahkampf-Komponente. Shadow Warrior 2 hingegen ging in eine deutlich andere Richtung: Prozedurale Level-Generierung, Coop-Modus, Loot Light … irgendwie wehte ein Hauch Borderlands durch das digitale Asien. Das schmeckte viel Fans des Vorgängers aber so gar nicht (mir übrigens auch nicht), weswegen man bei Shadow Warrior 3 vieles davon wieder herausstrich. Übrig bleibt eine Schlachtplatte, die sich stark an Doom Eternal orientiert, das mit einer Prise Bulletstorm würzt, geradlinige Oldschool-Action liefert und das Ganze mit etwas Platforming abrundet. Allerdings ergibt sich dabei ein gewaltiges Problem gegenüber beiden Vorgängern: ein äußerst überschaubarer Umfang.

STORY
Nachdem wir mit einem gewaltigen Cliffhanger zurückgelassen wurden, erfahren wir bereits zu Beginn von Shadow Warrior 3, dass der gigantische Drache, den Lo Wang im Finale von Teil 2 versehentlich freigelassen hat, mittlerweile die Welt verwüstet und unseren Helden als deprimierten und Selbstgespräche führenden Loser zurückgelassen hat. Plötzlich tritt Erz-Rivale Zilla auf den Plan, bietet ein Zweckbündnis an und offenbart eine Möglichkeit, dem Feuerspucker doch noch in den Hintern zu treten – und mehr gibt es zum Plot eigentlich auch nicht zu sagen.

Trotzdem wird das Spielgeschehen sehr oft auch mittendrin von Zwischensequenzen unterbrochen. Die sind zwar qualitativ gut gemacht (auch wenn der Humor wie so oft Geschmackssache sein dürfte), dem Spielfluss aber nicht gerade zuträglich.

GAMEPLAY
Wer einen oder beide Vorgänger gespielt hat, muss umdenken: Verzweigte Level inklusive Keycard-Suche (Teil 1) bzw. größere, prozedural generierte Areale (Teil 2) gibt es nicht mehr. Loot und Coop? Wegrationalisiert. Shadow Warrior 3 ist absolut geradlinig und bietet eigentlich immer nur einen Weg: den nach vorne. Kämpfe finden überwiegend in kleinen Arenen statt, die von oft gegnerfreien Parkur-Schläuchen miteinander verbunden werden, durch die man sich mit Walljumps, Schwunghaken, Dashes, Kletterei, Rutscheinlagen und Double-Jumps bewegt. Diese Bewegungsmöglichkeiten finden erfreulicherweise aber auch in den Kämpfen selbst Anwendungsmöglichkeiten, wodurch diese sich äußerst flott spielen und klar an Doom Eternal erinnern – sogar stellenweise noch mal einen draufsetzen. Dazu kommen Möglichkeiten für Environmental Kills wie auslösbare Fallen oder Stacheln, in die man Gegner mit seinem Chi-Angriff schubsen kann.

Auch Lo Wangs Waffensortiment wurde drastisch reduziert, von vormals über 70 Nah- und Fernkampfwaffen in Shadow Warrior 2 auf gerade einmal sieben Stück inklusive Katana (welches nun auf der rechten Maustaste liegt und somit praktisch als schneller, sekundärer Angriff dient). Diese zeigen sich mit Revolver, Schrotflinte, Dual-MPs und Granatwerfer zudem auch recht konventionell, allerdings sind sie allesamt durch die Bank weg sinnvoll designt, bleiben bis zum Schluss nützlich und bringen ein ordentliches Gunplay mit. Zudem lassen sie sich auch jeweils drei Mal upgraden, obendrauf kommen Verbesserungsmöglichkeiten für Lo Wang selbst. Allerdings war selbst Shadow Warrior 2013 hier noch komplexer. Die dafür nötigen Upgrade-Punkte liegen meist mitten auf dem Hauptweg, Secrets gibt’s zwar immer noch, allerdings bei weitem nicht mehr so häufig und auch selten wirklich gut versteckt. Als zumindest kleiner Ausgleich für das überschaubare Waffenarsenal lassen sich größeren Gegnern durch »Finisher« (die man im Grunde auch »Glory Kills« hätte nennen können) deren oft abgedrehte Waffen entreißen und temporär einsetzen. An Munition und HP kommt man neben Pick-Ups ebenfalls wie im Vorbild Doom Eternal durch das Erledigen von Gegnern heran. Und ebenfalls genau wie dort ist das oft bitter nötig, da die Munitionskapazitäten sehr beschränkt sind. Größter Schwachpunkt des ansonsten hervorragenden Gameplays ist, dass der Spielfluss wie erwähnt etwas zu häufig von den immerhin ordentlichen Cutscenes unterbrochen wird. Die werden zwar oft zur Kaschierung von Ladezeiten zwischen den Kapiteln eingesetzt, aber bei weitem nicht ausschließlich.

Die Anzahl an unterschiedlichen und meist ziemlich abgedrehten Gegnern geht in Ordnung, zudem erfordern viele von ihnen unterschiedliche Herangehensweisen. Anders sieht es da bei den Bossen aus: Gerade einmal zwei Stück sind mit an Bord. Mehr unterzubringen wäre allerdings auch schwierig geworden, denn bei allen Gameplay-Vorzügen hat Shadow Warrior 3 ein durchaus großes Problem – den äußerst knappen Umfang von gerade einmal 5 bis 6 Stunden in 11 Spielabschnitten. Auch was den Wiederspielwert angeht zeigt sich der Titel bescheiden. NG+ oder Hero-Mode gibt es nicht, wobei man bei ersterem eh nicht wüsste, was da groß in ein neues Spiel mit übernommen werden sollte. Ebenfalls nicht gerade hilfreich ist auch der Umstand, dass es gerade einmal drei Schwierigkeitsgrade gibt und sich für Shooter-Veteranen der höchste (»Schwer«) als zu leicht entpuppt. Wenn man da an den Hero Mode von Teil 1 zurückdenkt, der einem gewaltig in den Hintern getreten hat, ist das ziemlich schwach.

Obendrein bietet das Leven Design nur wenig Abwechslung; man bewegt sich fast ausnahmslos durch dieselbe, wenn auch hübsche Szenerie, eine Art postapokalyptisches Klischee-Asien. So erweckt Shadow Warrior 3 in Verbindung mit der Spielzeit eher den Eindruck, als hätte man hier Episode 1 von 3 vor sich.

TECHNIK
Erstmals verwendet Flying Wild Hog nicht mehr die hauseigene Road Hog Engine, sondern setzt für Shadow Warrior 3 auf die Unreal Engine 4. Damit zaubert der Entwickler eine durchaus beeindruckende Kulisse auf den Bildschirm – auch wenn von dieser in der Praxis vieles nicht begehbar ist. Egal ob optisch, soundtechnisch, bezüglich Musik, (ausschließlich englischer) Synchro, Performance oder der vorgerenderten Zwischensequenzen: Shadow Warrior 3 liefert technisch ab, auch wenn man vielleicht nicht jede einzelne Ecke genauer unter die Lupe nehmen sollte und hier keine neue Grafik-Referenz erwarten darf.

FAZIT / TL;DR
Auch wenn Shadow Warrior 3 in der Summe, gerade mit Blick auf seine Wurzeln, vielleicht dann doch etwas zu geradlinig ausgefallen ist, kann es in seiner Kernkompetenz absolut überzeugen. Dafür darf man allerdings kein Problem damit haben, dass diese sich zu 95% in kleinen Arenen abspielt und die dazwischen liegenden Parkur-Einlagen zwar spaßig, aber wenig anspruchsvoll sind. Spielfluss und Gunplay sind über weite Strecken hervorragend, auch wenn die häufig eingestreuten Cutscenes ersteren zu regelmäßig unterbrechen. Liebhaber von Shootern wie Doom Eternal, Hard Reset und Bulletstorm kämen hier absolut auf ihre Kosten. Doch genau diese sind es, die Shadow Warrior 3 nur eine eingeschränkte Empfehlung einbringen: Dafür, dass das Spiel der erste Teil seiner Reihe ist, der zum Vollpreis verkauft wird, liefert es gleichzeitig einen absolut bescheidenen Umfang. Aufgrund der Spielzeit von ca. 6 Stunden in Verbindung mit wenig Abwechslung beim Level Design und kaum existentem Wiederspielwert kann man daher nur raten, auf einen großzügigen Sale zu warten. Das sind die seltenen Momente, in denen man sich eine Querdaumen wünscht.

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                                                    Skid's FPS Corner
Posted 1 March, 2022. Last edited 1 March, 2022.
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35.1 hrs on record (1.4 hrs at review time)
Zu Unrecht in den 90ern unbeachtet geblieben
PowerSlave (in Europa unter dem Titel Exhumed veröffentlicht) erschien 1996/97 für die erste PlayStation, Sega Saturn und PC. PowerSlave Exhumed ist ein Remaster der Konsolen-Versionen in Form einer Art Fusion beider Fassungen in einem, portiert auf Nightdives hauseigene KEX-Engine inklusive zahlreichen Verbesserungen gegenüber dem Original – nicht nur in technischer Hinsicht. Diese Form der Wiederveröffentlichung ist aufgrund des überschaubaren Bekanntheitsgrads recht überraschend … aber auch kein Stück unverdient. Denn leider ging PowerSlave damals ungeachtet seiner klaren Qualitäten in der deutlich bekannteren Konkurrenz unter, trotz oder vielleicht auch aufgrund einiger durchaus innovativer Ansätze.

PC- vs. Konsolen-Version
Bei PowerSlave Exhumed handelt es sich um ein Remaster der Konsolenversionen. Saturn- und PS1-Version wiesen ihrerzeit zwar diverse Unterschiede auf, inhaltlich waren beide aber über weite Strecken identisch. Für die PC-Version (ebenfalls auf Steam als »DOS Classic Edition« erhältlich) gilt das aber absolut nicht: Andere Engine, abweichende Gameplay-Mechaniken, einige andere Waffen und sogar komplett andere sowie größere und komplexere Levels – im Grunde handelt es sich bei der PC-Version um ein völlig eigenständiges Spiele, das sich lediglich Titel, Setting und diverse Assets mit der Konsolen-Fassung teilt, weshalb sich auch der Kauf beider Versionen lohnt - denn gut sind auf ihre jeweilige Art beide. Kurz gesagt bekommt man bei der PC-Version einen typischen 90er FPS ähnlich wie Doom und Co., wohingegen die Konsolen-Version technisch und spielmechanisch einen ihrerzeit innovativen Ansatz verfolgte und auch heute noch ein kleines Unikat ist.

STORY
Übernatürliche Kräfte überrennen in der Gegenwart die alten Tempelanlagen der ägyptischen Stadt Karnak und terrorisieren das Land. Eine Spezialeinheit wird losgeschickt, um die Situation zu klären doch der Helikopter wird abgeschossen und der Spieler schlüpft in die Rolle des einzigen Überlebenden, der den Job nun in Einzelkämpfer-Manier erledigen muss. So banal, so irrelevant, aber zumindest ein guter Aufhänger für ein interessantes und bis heute unverbrauchtes Setting im FPS-Genre.

GAMEPLAY
Im ersten Moment erinnert PowerSlave Exhumed an andere Ego-Shooter der mittleren und späten 90er Jahre wie Doom, Quake und Duke Nukem 3D: Mit Revolver, M60-Maschinengewehr, Flammenwerfer und Kobrastab (PowerSlaves Quasi-Raketenwerfer) metzeln wir uns in verwinkelten Levels durch verschiedenstes Gezücht und suchen Schlüssel und schließlich den Ausgang. Das wäre aber zu vorschnell, denn der Titel ist ein waschechter »Metroidvania-Ego-Shooter« ... was begrifflich aber etwas seltsam anmutet, wenn man bedenkt, dass Metroid Prime erst ganze 5 Jahre später erschien und heute somit eigentlich zu Unrecht mit als Namensgeber des Sub-Genres herhalten darf. So finden wir in den insgesamt 23 Levels nicht nur permanente Power-Ups (mehr HP) sondern auch Ausrüstung, die uns zuvor unpassierbare Areale betreten lässt. So lassen uns die Sandalen von Ikumptet viel weiter springen, mit der Maske von Sobek können wir durch Tunnel tauchen, in denen wir vorher zwangsläufig ertrunken wären. Dadurch kommt es auch immer wieder zu Backtracking über eine verzweigte Weltkarte in bereits besuchte Levels, wo wir in neu zugänglichen Bereichen nach Spielziel-relevanten Objekten oder Zugängen zu weiteren Levels suchen.

Dabei wird das Vorankommen zudem nicht nur von Gegnern wie Anubis-Kriegern, Mumien, diversem Kriechzeug als auch dem ein oder anderen Boss erschwert, sondern auch von zahlreichen Sprungeinlagen und Fallensystemen, die bei unvorsichtigen Spielern schnell für’s virtuelle Ableben sorgen können. Im Original hat das bei einigen Leuten für Frust gesorgt, denn wer starb, musste den aktuellen Level noch mal komplett von vorne starten. Die Neuauflage übernimmt hingegen auf Wunsch das Checkpoint-System der PC-Version – ein fairer Kompromiss aus Originaltreue und modernen Spielergewohnheiten.

Der Mix aus gepflegten Ballereien, Jump&Run und Fallen geht dabei voll auf und weiß auch heute noch zu begeistern sowie im Genre schon fast außer Konkurrenz zu laufen. Meckern kann man hingegen eventuell über die etwas knappe Spielzeit (ca. 8 Stunden, theoretisch geht's aber auch deutlich flotter), vor allem aber über die etwas zu große eigene Hitbox. An Feindgeschosse, die einen noch treffen, obwohl es so aussieht, als müssten sie vorbei gehen, kann man sich noch gewöhnen – bei den dankenswerterweise nur seltenen Laserfallen, die einen bei Berührung sofort töten, ist das aber recht nervig . Hier hätte man gegenüber dem Original beim Remaster gerne nachjustieren dürfen.

Zur Wahl stehen neben dem niedrigsten Schwierigkeitsgrad (»Normal«), der dem Anspruch des Originals entspricht, auch zwei neue, schwerere Grade. Bereits auf »Normal« und selbst mit Steuerung über WASD+Maus ist das Spiel zwar gut machbar, aber kein Spaziergang, zudem hat es leider auch die ein oder andere eher unfaire Stelle ins Spiel geschafft, aber nichts, was unüberwindbar wäre.

TECHNIK
Die ursprünglichen Konsolen-Versionen wurden von der hauseigenen SlaveDriver-Engine angetrieben (mit der Entwickler Lobotomy Software übrigens auch Duke Nukem 3D auf den Sega Saturn portierte). Diese Engine stellte 1996 in einem Ego-Shooter bereits echtes 3D-Environment dar (ähnlich wie die Quake-Engine), Items und Gegner waren hingegen weiterhin 2D-Sprites. Obwohl PowerSlave damit durchaus technisch modern war, lief es im Gegensatz zur Konkurrenz deutlich unter dem Radar. PowerSlave Exhumed wurde für diese Wiederveröffentlichung auf Nightdives eigene KEX-Engine portiert, das optische und atmosphärische Ergebnis würdigt dabei einerseits das Original und gibt Spielern, die Angst vor Augenkrebs haben, gleichzeitig jede Möglichkeit, um an den Schrauben nach oben zu drehen und ein Resultat wie bei einem modernen Retro-Shooter zu erzielen.

Auf Wunsch stehen mit Einstellungen wie »Low Resolution« und gar einem CRT-Filter (in einstellbarer Intensität) sowie natürlich der Möglichkeit, Antialiasing zu deaktivieren, Optionen zur Verfügung, sehr nahe an die Original-Optik heranzukommen. Abgerundet wird das Ganze mit Optionen wie einem FOV-Slider, den Shading Modes »Modulate« und »Subtractive« (ebenfalls in einstellbarer Intensität), freiem Keybinding, FPS-Limit und natürlich zeitgemäßen Auflösungen wie 4K. Texte und die gelegentlichen Monologe stehen in verschiedenen Sprachen, unter anderem Deutsch, zur Auswahl – Englisch ist gerade bei letzteren aber recht eindeutig vorzuziehen. Der hervorragende Soundtrack ist dann noch das Sahnehäubchen.

FAZIT
PowerSlave war 1996 mit seiner durchaus aktuellen, technischen Basis, seinem innovativen Metroidvania-Gameplay im Ego-Shooter-Genre und dem Setting eigentlich eine absolute Empfehlung für jeden FPS-Gamer, lief aber nicht zuletzt auch aufgrund der nicht weniger starken Konkurrenz bei vielen unter dem Radar – zu Unrecht. Die Kombination aus Gameplay und ägyptischen Tempelanlagen geht auch heute noch tadellos auf, verpackt in einem hervorragenden Remaster zum fairen Preis. Ein zeitloser Klassiker und direkt hinter den ganz Großen einer der besten FPS der 90er. An wem PowerSlave seinerzeit vorbeigegangen ist oder wer zu jung war und noch nie was davon gehört hat, sollte diese Perle spätestens jetzt nachholen.

Zu meiner Kuratoren-Seite rund um Classic-, Retro- und Oldschool-Shooter
                                                    Skid's FPS Corner
Posted 10 February, 2022. Last edited 21 February, 2022.
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0.2 hrs on record
KURZ-REVIEW:
Wolf3D, 25 Jahre später, in schlecht
German Fortress 3D ist auf den ersten, zweiten und dritten Blick ein offensichtlicher Klon von Wolfenstein 3D. Im Forum wird zudem fleißig darüber diskutiert und philosophiert, welche Assets direkt aus dem id-Software-Klassiker sowie anderen Titeln geklaut wurden. Ich persönlich denke nicht, dass hier groß geklaut wurde, denn Wolfenstein 3D ist gegen German Fortress 3D eine wahre, ästhetische Schönheit.

Sowieso kann man sich gar nicht mal sicher sein, ob der Entwickler dieses mit dem Raycasting Game Maker hingeklatschte Etwas ernst meint oder ob es einen satirischen Beitrag zum Weltgeschehen darstellen soll: In »many game levels« (es sind 16 – zu viele), die allesamt mit derselben Wandtextur zugeklatscht sind, ballern wir »various enemies« (es sind zwei) mit »various weapons« (es sind drei) über den Haufen auf der Suche nach dem Ausgang. Sämtliche Türen, die wir dabei durchqueren, sind mit derselben Türtextur bepinselt, die zudem auch noch bei ausnahmslos jeder Tür glitcht. Environment Art ist im Grunde nicht vorhanden, selbst die Level-Architektur des großen Vorbildes ist hiergegen hochkomplex.

Das Gewehr schwebt wie durch Zauberhand vor uns herum und feuert Kugeln ab, denen wir beim Fliegen zusehen können, gegnerische Kugeln treffen uns hingegen sofort. Wohlgemerkt von Gegnern, die man aufgrund der Sichtweite von gefühlt 3 Metern nicht sieht. Beim Aufheben von Medipacks gibt der Protagonist ein Pacman-ähnliches Schmatzgeräusch von sich (scheint zu schmecken, so ein Verbandskasten). Munition kann nur aufgehoben werden, wenn man auch die entsprechende Waffe gerade ausgerüstet hat. Obendrein nudelt sich in jedem Level das gleiche Musikstück tot. Im Gegenzug bekommen wir hier leider nicht mal dämliche, pseudo-deutsche Todes-Onliner ... dann hätte man wenigstens irgendwas zum lachen gehabt.

Die nicht änderbare Steuerung bekommt man in der Regel nur dann vernünftig zum Laufen, wenn man vorher an der exe Kompatibilitätsänderungen vornimmt – bei einem Spiel von 2017. Dass es da nicht mal geschafft wurde, den eigenen Spieltitel im Hauptmenü richtig zu schreiben, ist da eigentlich kaum noch der Rede wert.

FAZIT
Die Liste an grottigen Retro-FPS aus der Raycasting-Game-Maker-Retorte ist lang, aber normalerweise kann man bei diesen zumindest den Hauch kreativer Eigenleistung erkennen. Hier ist selbst davon keine Spur zu sehen. Möglicherweise haben wir es bei diesem Machwerk mit dem schlechtesten Ego-Shooter zu tun, der auf Steam erhältlich ist, vielleicht sogar darüber hinaus. Einen Wolf3D-Klon 25 Jahre nach dem Original zu veröffentlichen und in wirklich jeder Hinsicht um Meilen schlechter zu sein als dieses; das ist schon eine Leistung für sich. 3 Euro sind eine absolut bodenlose Unverschämtheit und gehören eigentlich angezeigt. Im Sale gibt’s German Fortress 3D zwar immer wieder für 40 Cent… aber dafür bekommt man bei Penny schließlich auch schon ein Aufback-Brötchen, an dem man eindeutig mehr Spaß hat.

Zu meiner Kuratoren-Seite rund um Classic-, Retro- und Oldschool-Shooter
                                                    Skid's FPS Corner
Posted 29 November, 2021. Last edited 30 November, 2021.
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6.2 hrs on record (3.6 hrs at review time)
KURZ-REVIEW:
Full-Release einer der besten Doom-TCs
REKKR startete 2018 ursprünglich als Total Conversion für The Ultimate Doom (also ausnahmsweise mal keine Doom2-Mod) und heimste direkt einen Cacoward – die höchste Auszeichnung in der Doom-Modding-Szene – ein. Der Aufhänger ist ein Klassiker: In einer Fantasy-Welt kommt der superharte Wikinger-Krieger Rekkr nach einer verkappten Seefahrt nach Hause und findet sein Dorf in Flammen und seine Familie dahingeschlachtet vor. Also Zeit für Rache!

Dass hier die Schrotflinte gegen die Axt getauscht wird, muss man trotz des Settings nicht befürchten: REKKR ist durch und durch ein klassischer, flotter Retro-Shooter, am ehesten vergleichbar mit Heretic (keinesfalls z.B. mit HeXen oder Witchaven), allerdings mit deutlich komplexerem Level-Design. Einen halbwegs wachen Orientierungssinn sollte man definitiv mitbringen, um in den Arealen die typischen Schlüssel und schließlich den Ausgang zu finden. Gegen verschiedene übernatürliche Wesen kommen etwa ein magischer Bogen, Zauberstäbe, eine Metallschrapnelle verschießende Flinte und ein Runenwerfer (explosiv!) zum Einsatz. Nahkampf gibt’s nur selten bei Munitionsmangel. Trotz dessen, dass REKKR mit dem Source-Port GZDoom erstellt wurde, bleibt man bewegungstechnisch dem original Doom treu: Kein springen, kein ducken, kein hoch-/runtergucken. Zur Wahl stehen fünf Schwierigkeitsgrade, insgesamt ist der Anspruch aber etwas höher als bei Doom.

Was genau hat es jetzt aber eigentlich mit dem Steam-Release auf sich, für den man ja nun auch bezahlen soll? Die bisher bekannte Mod (die es auch als Stand-alone gibt, also Doom nicht benötigt) besteht aus 3 Episoden mit je 8 Levels (+ je ein Secret-Level). Diese kann nach wie vor kostenfrei bezogen werden. 2020 wurde REKKR zudem offiziell in den Stand eines Doom-Addons erhoben. Das spricht nicht nur ebenfalls für die gute Qualität, entsprechend kann es als Erweiterung auch direkt über das Hauptmenü von The Ultimate Doom auf Steam heruntergeladen und dort gespielt werden. REKKR: Sunken Land liefert nun in diesem runden »Full-Release« obendrein noch die gleichnamige vierte Episode »Sunken Land« (wieder mit 8+1 Levels). Im Grunde bezahlt man also nur für diese neue, Steam-exklusive Episode … und natürlich auch für den Support der Entwickler, die hier eine der besten TCs der Doom-Reihe erschaffen haben.

Die vierte Episode ersetzt dabei allerdings die bisherigen »Bonus-Maps«, die nicht zur Story / zum Kanon gehören. Diese können aber natürlich weiterhin in der Mod- bzw. Addon-Version gespielt werden. GZDoom-typisch bietet REKKR: Sunken Land zudem alle möglichen Einstellungsmöglichkeiten – neben dem heutzutage selbstverständlichen kann man etwa auch zwischen einem pixeligen 4:3-»Vintage«-Look oder einer glatten, moderneren Optik in 16:9 wählen.

FAZIT
Auch wenn es drei der vier Episoden auch kostenlos gibt, ist dieser Full-Release als REKKR: Sunken Land jeden Cent des sowieso überschaubaren, fairen Preises wert. Vom Szenario sollte man sich dabei nicht beirren lassen: Geboten bekommt man hier gut 8 Stunden feinster und runder Retro-Shooter-Kost in komplex gestalteten und anspruchsvollen Levels gepaart mit sämtlichen Vorzügen, die man von GZDoom kennt.

Zu meiner Kuratoren-Seite rund um Classic-, Retro- und Oldschool-Shooter
                                                    Skid's FPS Corner
Posted 29 November, 2021. Last edited 29 November, 2021.
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9 people found this review helpful
50.4 hrs on record (3.9 hrs at review time)
Early Access Review
In nichts wirklich schlecht, in nichts wirklich toll
Irgendwo zwischen Prodeus, HROT und Wrath: Aeon of Ruin erscheint mit Dread Templar nun ein weiterer Retro-Titel im Stile von Full3D-Shootern der späten 90er im Early Access ... und wird dabei durchaus seine Zielgruppe finden, es aber vermutlich zwischen dieser Konkurrenz trotzdem auch schwer haben ...

STORY
Ein abgehalfterter Dämonenjäger geht einen Pakt mit dem Teufel ein, um in die Hölle zu gelangen und dort nach Rache zu suchen ... oder irgendwie sowas. Da ist es auch kein Wunder, dass sich das Setting irgendwo zwischen Doom und Painkiller bewegt.

Ob das handlungstechnisch noch irgendwo weiter hinführt als nur zu einem Aufhänger für deftige Ballereien, lässt sich derzeit noch nicht sagen, da das Narrative bisher aus zwei wenig sagenden und etwas zu pseudo-cool formulierten Text-Tafeln besteht. Aber nun gut ... die wenigsten Fans von Shootern im Stile der 90er werden die aufgrund ihrer tiefgreifenden Handlung konsumieren ...

GAMEPLAY
Wie bei der Konkurrenz stehen schnelles Gameplay in nicht als Schläuche angelegten Levels gespickt mit Secrets auf dem Plan. So weit, so solide. Gerade das Gunplay fällt Stand jetzt aber noch etwas zu ungeschliffen aus. Die eigenen Schuss-Animationen und das Treffer-Feedback lassen noch den nötigen »Wumms« vermissen. Gerade beim Kern der Spielerfahrung kommt also noch nicht ganz der Spaß auf, den Dread Templar auffahren könnte.

Das Waffenarsenal kann sich aber immerhin schon sehen lassen und reicht von Dual-Pistolen und -MPs über die üblichen Verdächtigen wie Pumpaction, Doppelläufige und Raketenwerfer bis zum dicken Templar-Revolver und -Handschuh (quasi Dread Templars BFG9000) sowie Pfeil und Bogen. Für den Nahkampf stehen zwei Katana bereit, die sich auch zum Wurfspeer umfunktionieren lassen. Gerade für die Zerstörung von Kisten, Urnen und Co., in denen sich vor allem Munition finden lässt, fehlt dem Spiel aber eine Art Kick oder die Möglichkeit, das Katana auch mit gezogener Schusswaffe schnell mal zu schwingen. So nimmt der momentan noch nötige Waffenwechsel (wenn man Munition sparen möchte) unnötig Tempo heraus. Nicht viel zu meckern gibt's bereits jetzt bei den Gegner-Horden. Lange im Gedächtnis bleiben werden die einem zwar nicht, fast jeder Typ fährt aber eine unterschiedliche Standard-Taktik auf -- einfach dumpf in der Gegend rumballern reicht als eigene Taktik also in der Regel nicht.

Das Level Design geht wie bereits angedeutet in Ordnung, auch wenn es ebenfalls nicht über ein gehobenes Mittelmaß hinauskommt. Bei zukünftigen Levels darf der Entwickler aber gerne noch etwas mehr bei der Environment Art wagen. Über Höhlen, Grüfte und Friedhöfe kommt die nämlich derzeit noch nicht hinaus.

Ebenfalls noch etwas Nachholbedarf besteht beim Soundtrack. Zwar wartet jedes Level mit einem eigenen Thrash-Metal-Track auf. Dieser wird allerdings undynamisch abgespult. Heißt: Der Track dudelt vom Anfang des Levels bis zum Ende unaufhörlich im Loop vor sich hin. Da die Tracks zudem recht schlicht sind, kann das auf Dauer auch durchaus nerven, selbst wenn man (wie ich) was für die Musikrichtung übrig hat. Hier wäre weniger (sprich ruhigere Klänge, wenn gerade mal nicht geballert wird) durchaus mehr. Vielleicht setzt man hier im Laufe der EA-Phase ja noch mal an.

Über ein (noch?) rudimentäres Skill-System lässt sich der Templar ebenso rudimentär verbessern. Dafür braucht's jedoch keine XP-Pünktchen oder so einen Schmarrn: Sowohl die Items, mit welchen man Slots freischaltet, als auch die Skills selbst, müssen in den Levels gefunden werden. Die meisten Verbesserungen sind aber nicht viel mehr als ein »Mehr Munition für Waffe X tragen« oder »Erhöht Schaden von Waffe Y«. Den meisten Spaß zieht das System daraus, die Verbesserungen in den Levels überhaupt zu finden, etwa in extra als solche gekennzeichneten »optionalen Arealen«, die schwerer sind als der restliche Level. Optional ist hier aber etwas weit hergeholt ... denn wer lässt schon freiwillig Content aus?

Die Balance hat noch so ihre Problemstellen. Die 4 Schwierigkeitsgrade gehen insgesamt in Ordnung, auch wenn der zweite (»Normal«) jeden, der schon mal einen oldschooligen Shooter gespielt hat, maßlos unterfordern dürfte. Gerade die Boss-Gegner lassen sich spielend-einfach mit simpelster »Die-ganze-Zeit-um-ihn-herum-im-Kreis-laufen-und-aus-allen-Rohren-ballern«-Taktik besiegen. Zusätzlich vereinfacht werden die Kämpfe noch mal durch eine, wenn aufgeladen jederzeit aktivierbare, Bullet-Time, welche sich durch das Besiegen von Gegnern langsam füllt, aber auch nur wenige Sekunden hält. Mehr als ein kleines Gimmick ist sie also nicht.

TECHNIK
Wie einige Mitbewerber auch baut Dread Templar auf die Unity Engine -- schon in den ersten 10 Sekunden überkommen einen hier aber auch aufgrund des Environments und des Level-Designs Quake-1-Vibes. Wüsste man es nicht besser, könnte man Dread Templar optisch tatsächlich für einen Titel der späten 90er halten.

Leider ist der Artstyle in der Summe allerdings ... es ist schwer, dafür einen einzelnen Begriff rauszukramen, der den Nagel auf den Kopf trifft ... Vergessenswert? Zweckmäßig? Uninspiriert? Jedenfalls nichts, weswegen einem der Titel im Gedächtnis bleiben wird.
Größter Kritikpunkt dürften aber vor allem die eigenen Animationen und das Treffer-Feedback sein. Wie alles andere an Dread Templar fällt das zwar nicht unter »grottig«, es fehlt aber wie bereits angesprochen noch eine ordentliche Portion »Wumms«, um in den Schießereien richtig Spaß aufkommen zu lassen. Man kann nur hoffen, dass die Entwickler hier im Laufe der EA-Phase noch einmal Hand anlegen.

DERZEITIGER UMFANG
Zum Release der Early-Access-Version enthält Dread Templar etwa 40% des für die finale Version geplanten Contents. Die meisten Waffen sind drin, mit 10 Schießprügeln ist man also bereits jetzt gut ausgestattet, um das gute Dutzend verschiedener Gegner über den Styx zu schicken. Für die in zwei Episoden aufgeteilten 10 von insgesamt 25 geplanten Levels braucht man, wenn man nicht gerade trödelt oder jedes einzelne Secret mitnehmen möchte, gut 3 Stunden. Hochgerechnet könnte das für den Full-Release entsprechend eine Gesamtspielzeit von circa 8 Stunden bedeuten.

Der aktuelle Content ist in Spielzeit umgerechnet also noch recht überschaubar, der veranschlagte Preis von 15 Euro ohne Rabatt allerdings auch.

FAZIT
Dread Templar macht nichts gravierend falsch ... aber kann auch in praktisch nichts wirklich herausstechen. Das Gunplay ist okay, aber nicht berauschend. Environment Art und Level Design gehen klar, hat man aber auch schon besser gesehen. Optisch könnte das Spiel direkt aus den späten 90ern gefallen sein, einen unverwechselbaren Style wie andere Titel aus der Ära oder aktuelle Retro-Shooter hat es aber nicht. Der Umfang der EA-Version ist noch recht überschaubar, der veranschlagte Preis ist aber durchaus fair.

Für Fans des Genres, die sich über jeden neuen Retro-Shooter freuen, bleibt damit trotz allem klar eine Empfehlung übrig. Alle anderen, die nur gerne mal wieder mit einem guten Titel in Nostalgie schwelgen wollen, haben jedoch bessere Alternativen zur Auswahl. Unter dieser Konkurrenz wird es Dread Templar voraussichtlich schwer haben, im Gedächtnis zu bleiben.

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Posted 15 August, 2021. Last edited 15 August, 2021.
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26.8 hrs on record (4.3 hrs at review time)
Early Access Review
Der kleine Retro-Bruder von Doom 2016
Wer Raven Software noch aus einer Zeit kennt, als das einstige Traditionsstudio noch nicht von Activision dazu verdammt worden ist, im Schatten seiner selbst Map-Packs für die Call-of-Duty-Reihe zu produzieren, der weiß, dass Titel wie Soldier of Fortune, Heretic, Wolfenstein 2009 und Singularity nicht nur gute First-Person-Shooter sind – sondern auch nicht mit Gore geizen. Einige ehemalige Raven-Mitarbeiter liefern mit Prodeus nun genau das wieder ab, verpassen dem ganzen aber eine ordentliche Portion Retro-Charme und Doom-Anleihen.

GAMEPLAY
Kommen wir gleich zum Wichtigsten, das ein solches Spiel ausmacht: Die ergreifende und komplexe Story! Scherz beiseite …
Was Gameplay und Setting angeht ist Prodeus ganz klar eine Mischung aus Doom von 2016 und Retro-Look, kleinerem Budget und ohne Glory-Kills … also eigentlich Doom von 1993.

Das geht teils soweit, dass man den Entwicklern mangelnden Mut zu Eigenständigkeit vorwerfen könnte: Das Setting ist eine Mischung aus düsterer Science-Fiction kombiniert mit Lava-Thema. Die Gegner-Vielfalt könnte schlimmer sein, die einzelnen Typen sind aber ebenfalls überwiegend DEUTLICH vom großen Vorbild »inspiriert«. So trifft man nicht nur bewaffnetes Zombie-Kanonenfutter, sondern auch Gegenstücke zu den Doom-Imps, Lost Souls sowie Pinky- und Cacodemons. Ob man sich jetzt lieber lange über diese Ideenlosigkeit der Entwickler aufregen möchte oder es lieber genießt, die Doom-Gegner-Klone in ihre Einzelteile zu zerlegen, sei dabei jedem selbst überlassen – mangelnden Spaß kann man Prodeus jedenfalls nicht vorwerfen.

Das Gunplay fetzt! Zur Wahl stehen beim Zerlegen der Gegner-Horden aktuell 9 Schusswaffen, die meisten mit einem sekundären Modus ausgestattet. Praktisch jede ist dabei recht konventionell (und ebenfalls von Doom inspiriert) geraten, aber Aberwitziges wie einen Bomben-tragenden Papagei aus Serious Sam 2 wollen hier wahrscheinlich auch die wenigsten sehen. Jede Knarre ist sinnvoll designet, keine ist nutzlos, alle machen Spaß. Zudem sind 8 Waffen-Slots in der EA-Version noch ungenutzt … hier hat man sich also vielleicht noch Raum für kreativeres gelassen.

Zweites großes Plus von Prodeus ist ganz klar sein ordentliches und intelligentes Level-Design: Hier gibt es keine Schlauchlevel sondern ganz in der Tradition der 90er mittelgroße Areale, in denen Schlüssel und schließlich der Ausgang gesucht werden muss. Zwar sind die ersten Level noch Standard-Kost, spätere haben aber immer öfter irgendeine (auch spielmechanische) Besonderheit zu bieten, die aber zu keiner Zeit den durchweg hervorragenden Spielfluss ausbremsen. Was das Environment Art (Sci-Fi/Lava) angeht, darf Bounding Box in den noch kommenden Levels aber gerne etwas mehr wagen.

Mit 7 Schwierigkeitsgraden bietet Prodeus sowohl für völlige Noobs als auch Veteranen die passende Herausforderung. Gerade auf den höheren Graden fällt aber immer wieder mal auf, dass einem die Vielzahl an Körperflüssigkeiten der Gegner schon mal die Sicht auf gegnerische, auf uns zufliegende Projektile versperren.

Bestandteil des Spiels ist bereits jetzt ein vergleichsweise leicht zu bedienender Map-Editor – ob die Möglichkeiten mit ihm aber auch umfangreich sind, wird sich hoffentlich bald zeigen. Allerdings scheint er nicht für 4K-Auflösungen/-Geräte optimiert zu sein, denn das UI ist hier zu klein, um wirklich vernünftig bedient werden zu können. Hoffentlich wird hier noch nachgebessert.

TECHNIK
Die Entwickler haben für Prodeus auf die Unity-Engine gesetzt– und das sieht man in nativer Auflösung und ohne Retro-Effekte auch. Die Umgebungen sind dann zwar immer noch stimmig, aber wirken wie aus einem Shooter von 2008. Auf Wunsch kann man das Spiel aber optisch gezielt zurück in die 90er-Jahre katapultieren und für einen Pixel-Look sorgen. Dazu hat man die Wahl zwischen 200p, 270p und 360p sowie den Overlay-Varianten Pixel, Scanline und CRT. Auf FHD-Monitoren mag das Ergebnis gut aussehen, gerade auf großen Bildschirme und vor allem auf 4K-Geräten dürfte sich hier der ein oder andere aber eine Lösung zwischen 360p und Nativ (die immer noch bewusst pixelig gehaltenen Gegner und eigenen Waffen wirken hier merkwürdig deplatziert) wünschen.

Die Effekte, das Gore-System, die Animationen und der Sound gehen absolut in Ordnung und passen einwandfrei zum restlichen Look. Insgesamt ist auf dem Bildschirm eine ganze Menge los. Doch besonders hervorstechen kann vor allem der gelungene, dynamische Soundtrack. Ruhigere Klänge die an Mass Effect erinnern gehen dynamisch in schwere Gitarren-Riffs und Drums über, wenn Gegnerhorden auftauchen. Wenn ich mich nicht verhört habe, hat zudem jeder Level sein eigenes Stück. Dafür uneingeschränkt Daumen hoch!

Performace
Zwar ist Prodeus kein krasser Hardware-Fresser, es ist dann aber je nach Einstellungen doch fordender, als man auf den ersten Blick meinen mag: Wer nicht mehr die frischeste Grafikkarte im Rechner hat, aber in nativer Auflösung spielen möchte, kann u.U. Probleme mit der Framerate bekommt. Dann sollte unbedingt SSAO unter Graphics/Post Process Options deaktivieren werden, gegebenenfalls auch noch SSR. Zusammen kann das eine FPS-Steigerung um bis zu 100 % (!) bewirken.

AKTUELLER UMFANG
Die aktuelle Early-Access-Kampagne bietet 13 Level mit je 10 bis 20 Minuten Spielzeit plus 3 kurze Trial-Levels. Wer nicht gerade auf Ultra Nightmare jedes Secret mitnehmen will, ist somit etwa gut 4 Stunden beschäftigt. Das ist bei 25 Euro für die EA-Version nicht gerade viel, andere Entwickler hauen ihr Spiel bei ähnlichem Umfang aber auch schon mal zum Vollpreis raus und behaupten, es sei fertig. Das was derzeit drin steckt ist dafür aber immerhin rund. Eine Fortschrittsanzeige im Spiel deutet übrigens darauf hin, dass sich derzeit etwa ein Drittel des für die finale Version geplanten Umfangs im Spiel befindet. Damit würde Prodeus dann in der 1.0 auf mindestens 12 Stunden kommen … und darüber könnte man dann wirklich nicht meckern. Nagelt mich in einem Jahr aber nicht darauf fest!

FAZIT
Prodeus bekommt zum Release der EA-Version eine eingeschränkte Empfehlung. Die Einschränkung bezieht sich dabei allein auf den Preis von 25 Euro, der beim aktuellen Umfang und in Anbetracht dessen, dass es sich hier um keine AAA-Produktion handelt, ruhig auch ein paar Euro hätte günstiger sein dürfen – zumindest weniger, als im deutschen Store nur das Dollar- gegen ein Euro-Zeichen auszutauschen. Ansonsten bekommt man hier 4 bis 5 Stunden Retro-Ballerei von der feinsten (und blutigsten) Sorte in intelligent designten Levels und trotz EA-Status gut poliert. Nur was das Setting angeht, darf die finale Version später gerne noch mehr Abwechslung liefern. Dann könnte Prodeus 2021 gegen Wrath: Aeon of Ruin vielleicht um den Thron der Retro-Shooter ballern.

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Posted 9 November, 2020. Last edited 10 November, 2020.
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0.1 hrs on record
KURZ-REVIEW:
WWII GI – der schlechteste Build-Engine-Shooter

Allein 1999 parallel zum ersten Medal of Honor einen WW2-Shooter mit der Build-Engine ins Rennen zu schicken, macht einen Siegeszug bei Spielepresse und Gamern schon sehr unwahrscheinlich. Damalige und erst recht heutige Fans des Technik-Motors muss das natürlich nicht davon abhalten, mit einem entsprechenden Titel trotzdem Spaß zu haben. Mäßiges Gameplay, miese Balance und langweilige Artstyle hingegen schon. Und davon hat World War II GI eine ganze Menge zu bieten.

eDuke32
Das Spiel läuft einwandfrei mit dem Duke3D-Source-Port eDuke32. So sind Auflösungen wie 3840x2160 auswählbar, Polymost- und Polymer-Renderer verfügbar sowie eine problemlose Steuerung via WASD+Maus möglich. Er wird entsprechend dringend (!) empfohlen, da sonst akute Augenkrebs-Gefahr besteht. Da Steam dann natürlich die Spielzeit nicht trackt, ist meine hier entsprechend gering.

Bei WWII GI handelt es sich um den Quasi-Nachfolger von NAM (leider nicht im dt. Store verfügbar), das ziemlich genau ein Jahr zuvor die Spieler in den Vietnam-Krieg, ebenfalls mit Hilfe der Build-Engine, schickte. Jetzt ist eben der zweite Weltkrieg als Schauplatz dran, inklusive Reskins für Waffen und Gegner, ansonsten ändert sich aber nicht viel. Wieder stehen zwei Singleplayer-Episoden (»D-Day« und »France«) mit je 7 Level auf dem Programm, entsprechend ist das Ganze wieder nach etwa 4 Stunden vorbei. Wieder spawnen Gegner gerne mal aus dem Nichts, wieder reagieren und schießen sie übermenschlich gut und wieder wird man regelmäßig von zufälligen Bombenangriffen und anderen Explosionen random hochgejagt. Man muss sich also nicht schämen, auf dem leichtesten der vier Schwierigkeitsgrade zu spielen.

Einen Unterschied gibt’s zu NAM dann aber doch noch: WWII GI macht optisch weniger her. Zwar versucht das Spiel z.B. auch die Landung an Omaha Beach nachzustellen oder uns mit KI-Kameraden auf einen Nachteinsatz zu schicken, um irgendwas abseits von Schema F abzuliefern. Ersteres wurde von der damaligen Konkurrenz aber mit weitem Abstand besser gemacht, letzteres … naja … KI …

Spielerisch darf man nicht viel Abwechslung erwarten. Das Waffenarsenal ist zwar gut bestückt und deckt die üblichen Verdächtigen des Settings ab wie MP40, BAR, Thompson, verschiedene Karabiner, Bazooka und den guten alten Flammenwerfer. Wirklich Spaß macht davon aber kaum etwas. Auch von den gegnerischen Soldaten in unterschiedlichen Uniformen darf man natürlich keine bahnbrechenden Unterschiede erwarten. Am spannendsten ist da noch, welchen geistreichen Kommentar sie beim Abnippeln in Pseudo-Deutsch von sich geben (»Hundescheiße!«, »Ein Unglück!«). Dümmste Design-Entscheidung ist, dass Medipacks über Zeit heilen und man beim Anwenden stehenbleiben muss. Da sind wir dann einfach mal eben 10 Sekunden dazu verdonnert, dumm rumzustehen und zu warten. Schießen funktioniert aber idiotischerweise noch.

FAZIT
WWII GI ordnet sich völlig verdient auf dem allerletzten Platz der Liste der Build-Engine-Spiele ein. Ganz hartgesottene Fans von Shootern der 90er könnten zwar auch hier noch unter Umständen auf ihre Kosten kommen – wer gerne einen WWII-Shooter mit Technik der 90er erleben will, sollte sich das Geld hier aber lieber sparen und stattdessen einen Blick auf das exzellente Blade of Agony a.k.a. »WolfenDoom« werfen, eine Singleplayer-Total-Conversion für Doom. Die ist zugegeben zwar deutlich später erschienen, aber nichts desto trotz 2x so lang, 5x so hübsch, 10x so spaßig und 7 Euro günstiger, obwohl sie mindestens das Doppelte wert wäre.

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Posted 13 August, 2020. Last edited 13 August, 2020.
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4.3 hrs on record
Mehr durchschnittliches Add-On statt Fortsetzung

Lost Company ist als Prequel zu NecroVisioN (Review) angelegt und erschien noch nicht mal ein Jahr danach. Da verwundert es auch nicht, dass der Titel in so ziemlich jeder Hinsicht eher den Geschmack eines Standalone-Addons hat statt eines richtigen Nachfolgers – trotz desseb, dass das Spiel teils auch als »NecroVisioN 2« vermarktet wurde.

STORY
Wir schlüpfen 1916 während des 1. Weltkriegs in die Rolle des Deutschen (und schon leicht betagten) Jonas Zimmermann, dem man als Protagonist Simon Bukner bereits in NecroVisioN begegnet ist. Auch Zimmermann bekommt live mit, wie sich Dämonen und Zombies in die Kämpfe an der Somme einmischen und eine merkwürdige Krankheit Soldaten aller Kriegsparteien befällt. Auf der Suche nach einem Heilmittel nehmen die Ereignisse, die zu seiner Rolle im Hauptspiel geführt haben, ihren Lauf.

An die ganze Bandbreite von Absurditäten des Hautspiels reicht NecroVisioN: Lost Company (leider) nicht heran, auch wenn wir hier mal mit einer Fokker einen Drachen vom Himmel holen. Die recht banale Handlung wird über Dialoge und vorgelesene Briefe vermittelt. Es kann aber durchaus sein, dass man bis zum Finale noch nicht ganz gepeilt hat, worum genau es eigentlich geht.

GAMEPLAY
Lost Company erbt das Gameplay seines Vorgängers 1:1. In einer Mischung aus Return to Castle Wolfenstein und Painkiller (Review) ballern wir große Mengen an Zombie-Soldaten und Dämonen mit einem ordentlichen, aber Setting-bedingt konventionellen Waffenarsenal über den Haufen. Ein Schnitt wie bei NecroVisioN, ab dem sich Gameplay und Setting ein gutes Stück ändern, erfolgt hier erst gegen Ende.

Neben Neuzugängen bei den Gegnerhorden finden auch neue Waffen den Weg ins Arsenal, etwa eine Leuchtpistole oder das berühmte BAR 1918 … auch wenn nicht so ganz klar ist, was das im Jahr 1916 zu suchen hat. Aber gut, wer historische Akkurarität sucht, ist hier eh ab der ersten Minute an der völlig falschen Adresse. Zudem nehmen wir dieses Mal zwar nicht mehr in einem »Mech« platz, dafür aber in einem Kampfflugzeug und Panzer. Der finale Bosskampf unterbietet den des Vorgängers leider noch mal – der war ja auch schon nicht der Hammer.

Die 10 Levels schwanken zwischen 15 bis 45 Minuten und erreichen nur selten die Größe der meisten Vorgänger-Areale. Länger als 5 Stunden dürften hier die Wenigsten für einen Durchgang benötigen. Da wurde im Vergleich zum Vorgänger der Umfang mal eben halbiert. Obendrein wird gegen Ende auch noch die ein oder andere Location aus NecroVisioN recyclet.

Eine Neuerung gibt es dann aber doch: Wir sind recht häufig mit NPC-Kollegen, einzelnen oder kleinen Trupps, unterwegs – auch überaus hilfsbereiten Amis, Engländern und Schotten. Wieso die einem Deutschen Soldaten ihre Hilfe teilweise schon regelrecht aufdrängen? Weil Gründe. Sind wir mit Deutschen unterwegs, kommen wir übrigens erneut in den »Genuss« völlig übertriebener Akzente, welche die des ersten Teils sogar noch einmal überbieten.

DEUTSCHE VERSION:
Anders als die im Deutschen Store verfügbare Einzel-Version von NecroVisioN ist Lost Company komplett uncut. Wer beide Spiele im Bundle mit der Produkt-ID 7342 kauft, erhält hingegen beide Spiele ungeschnitten.

TECHNIK
Lost Company basiert ebenfalls auf einer stark modifizierten Version der PainEngine, die erstmalig in Painkiller zum Einsatz kam. Zwar hat laut Entwickler The Farm 51 das Prequel gegenüber dem ersten NecroVisioN ein Engine-Upgrade spendiert bekommen … aber wirklich erkennen kann man das zumindest optisch nicht.

Der Shooter übernimmt vom seinem Vorgänger alle Vor- und Nachteile. Nach wie vor läuft das Spiel problemlos unter Windows 10 und auch moderne Auflösungen wie 3840x2160 werden unterstützt. So sieht das Spiel für seine Alter auch passabel aus – natürlich gewinnt es heute aber keinen Schönheitswettbewerb mehr. Allerdings skaliert das UI nicht so weit mit und wird schwer zu entziffern, was aber im Großen und Ganzen zu vernachlässigen ist. Nach wie vor kann es zu Problemen im Hauptmenü kommen (sehr niedrige Framerate) und auf Alt+Tab reagiert der Titel allergisch.

FAZIT
Gameplay und Technik sind identisch, ansonsten kommt NecroVisioN: Lost Company an nichts seines Vorgängers heran. Der Umfang ist um die Hälfte geschrumpft, auch wenn das dem ein oder anderen, dem die zweite Hälfte des Erstlings nicht so gefallen hat, vielleicht sogar entgegenkommt. Das Setting ist immer noch nicht bierernst, präsentiert sich hier aber weniger überzeichnet-absurd. Für harte Fans des Genres und Leute, die den ersten Teil toll fanden, lohnt sich wohl auch das Prequel. Groß zu verpassen gibt's hier aber auch nichts. Gäbe es auf Steam einen »Mixed«-Daumen – hierfür wäre er wie geschaffen. Aber im Zweifel für den Angeklagten.

Zur Kuratoren-Seite rund um Classic-, Retro- und Oldschool-Shooter mit aktuellen Reviews
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Posted 10 August, 2020. Last edited 10 August, 2020.
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